Was ist Gendermedizin ?
Gendermedizin beschäftigt sich mit dem Faktor Geschlecht als Einflussgröße auf Gesundheit, Prävention, Erkrankung sowie auf die medizinische Behandlung und Forschung.
Geschlecht setzt sich sowohl aus biologischen als auch aus psychosozialen und kulturellen Faktoren zusammen, welche die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten, die Gesundheitsversorgung oder die Inanspruchnahme von Präventionsangeboten und Gesundheitsleistungen beeinflussen können. Ein geschlechtsspezifischer Zugang in der Medizin hilft daher, einer Über-, Unter- oder Fehlversorgung von Patient:innen entgegenzuwirken.

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Warum geschlechterspezifische Medizin?
Am konkreten Beispiel der Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann ein geschlechtsspezifischer Zugang gut sichtbar gemacht werden: Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden als typisch männliche Erkrankung wahrgenommen.
Daher besteht ein zu geringes Bewusstsein für ein Erkrankungsrisiko von Frauen. Eine von den Männern abweichende Symptomlage kann zu einer verspäteten Diagnosestellung und auch zu einer höheren Mortalität von Frauen im Vergleich zu Männern beitragen.
Für Männer sind konkrete Beispiele für die Notwendigkeit eines geschlechtersensiblen Zugangs die geringere Lebenserwartung im Vergleich zu Frauen, welche nur zu einem Teil biologisch erklärbar ist. Die geringere Lebenserwartung bei Männern wird auch als höhere Risikoverhalten von Männern und eine geringere Selbstfürsorge oder ein geringeres Vorsorgeverhalten zurückgeführt und werden zudem hohen Versorgungskosten gegenübergestellt. Für Männer gibt es bis heute keinen geschlechterspezifischen Versorgungsbedarf wie für Frauen.
Im Besonderen sollte die psychische Gesundheit von Männern in Zukunft verstärkt im Fokus stehen. Männer bekommen z. B. seltener als Frauen die Diagnose einer Depression gestellt, schätzen ihren Gesundheitszustand subjektiv besser ein als Frauen, haben jedoch beispielsweise höhere Suizidraten.
Um Frauen, die potenziell schwanger werden können, vor schädigenden Auswirkungen durch Medikamente zu schützen, wurden sie lange Zeit von Medikamentenstudien ausgeschlossen. Wirkung und Nebenwirkungen bei Frauen werden erst nach der Zulassung erfasst. Auch heute werden frühe Phasen von Studien immer noch vermehrt an Männern durchgeführt. Der Anteil an Frauen vor allem in späteren Studienphasen wird höher, ist aber oft noch nicht ausgeglichen. Frauen in Medikamentenstudien einzuschließen ist wichtig, um die Wirkung und Nebenwirkungen für Frauen besser abschätzen zu können. Unterschiede sind z. B. auf hormonelle Schwankungen, auf ein geringeres Körpergewicht oder eine unterschiedliche Verteilung im Körper zurückzuführen.
Eine geschlechtersensible Ausbildung für medizinische Berufe erscheint in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. In Österreich gibt es in der Zwischenzeit zwei Lehrstühle für Gendermedizin (Innsbruck, Wien).
Für Mediziner:innen besteht die Möglichkeit, mit dem Diplom Gender Medicine der Ärztekammer eine entsprechende Zusatzausbildung zu absolvieren. Im Rahmen der Modellregion Gendermedizin Kärnten soll diese österreichweite Ausbildung erstmals in Kärnten durchgeführt werden.
Die Strategie - Vision, Mission und Ziele
Mit der Strategie „Modellregion Gendermedizin Kärnten“ wird der Schwerpunkt auf eine geschlechterspezifische Medizin im Versorgungssystem in Kärnten gelegt.
Mission
Die medizinische Versorgung in Kärnten berücksichtigt das biologische und soziale Geschlecht von allen Menschen, die in Kärnten eine medizinische Versorgung benötigen. Auch der Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung wird miteinbezogen. Von der Umsetzung von Gendermedizin profitieren damit sowohl Patient:innen und Kärntner:innen im Allgemeinen sowie auch alle, die in der medizinischen Versorgung tätig sind, weil sie spezifische Versorgung leisten können, und dadurch eine Über-, Unter- oder Fehlversorgung aufgrund von Geschlechterunterschieden vermieden wird.
Vision
Kärnten ist auf einen geschlechterspezifischen Zugang in der medizinischen Versorgung ausgerichtet.
Ziele
1
Akteur:innen im Kärntner Gesundheitswesen, Patient:innen und die Bevölkerung allgemein sind sich der Bedeutung einer geschlechtsspezifischen Gesundheitsversorgung bewusst.
Das biologische und das soziale Geschlecht sind wichtige Einflussfaktoren sowohl in der Entstehung und Ausprägung von Krankheiten, als auch in der Diagnostik, Therapie, Rehabilitation und der Integration in den Alltag. Die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen kann von geschlechtsspezifischen Unterschieden geprägt sein. Es ist daher wichtig sowohl in der Bevölkerung, als auch bei Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind, das Bewusstsein dafür zu stärken, welche Vorteile Menschen von geschlechterspezifischer Versorgung haben.
2
Personen, die im Kärntner Gesundheitswesen arbeiten, sind kompetent in der geschlechterspezifischen medizinischen Versorgung.
Das Wissen über biologische Unterschiede und ein kritisches Hinterfragen von Rollen- und Geschlechterstereotypen können dazu beitragen, Symptome richtig zu interpretieren. Über den Stand der Forschung zu Geschlechtsunterschieden und zu empirisch fundierten Gemeinsamkeiten bei Krankheitsbildern und in der Therapie Bescheid zu wissen, ist Grundvoraussetzung für die optimale Versorgung von Patient:innen. Neben der Ausbildung kommt dabei der laufenden Fort- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe ein hoher Stellenwert zu.
3
Die Vermittlung von Wissen zu geschlechterspezifischer Gesundheitsversorgung ist in Ausbildungseinrichtungen für Gesundheitsberufe in Kärnten verankert.
Bereits in den einzelnen Ausbildungscurricula soll auf Gendermedizin eingegangen werden, um Gesundheitsdienstanbieter:innen und Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen während der Ausbildungszeit mit dem nötigen Wissen zu geschlechterspezifischer Medizin auszustatten und einen geschlechtersensiblen Zugang zur Versorgung zu fördern.
4
Die Modellregion Gendermedizin wird in Kärnten von einer mit Ressourcen und Kompetenzen ausgestatteten Stelle koordiniert.
Die Umsetzung der Strategie erfolgt durch eine Koordinationsstelle, welche in die Strukturen der Gesundheitsversorgung und der Landesverwaltung in Kärnten eingebettet ist. Diese zentrale Stelle koordiniert sämtliche Maßnahmen und Initiativen und sichert deren Qualität.
5
Rahmenbedingungen zur (gesetzlichen) Verankerung von geschlechterspezifischer Medizin werden durch die Modellregion Gendermedizin Kärnten geschaffen.
Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene bestehen Möglichkeiten, Gendermedizin bzw. geschlechtsspezifische Medizin rechtlich zu verankern, um so eine Grundlage für nachhaltige Veränderungen hin zu einer geschlechtersensiblen Versorgung zu schaffen.
